Netzwerke 2021 | NRW-FAIR: Untersuchungen zur Erzeugung und dem Aufbau von Materie durch Antimaterievernichtung und Kernkollisionen

Zwei Männer arbeiten an einem elektromagnetischen Kalorimeter.
Hochtechnologie im Aufbau: Das elektromagnetische Kalorimeter von PANDA (hier in Vorbereitung für Tests an Beschleunigern) hat inzwischen seine Feuerprobe bestanden und einen Weltrekord in der Energieauflösung von neutralen Pionen, die bei der Vernichtung von Antimaterie mit Materie eine gewichtige Rolle spielen, erzielt.
© Institut für Experimentalphysik I, Ruhr-Universität Bochum

Wer sind wir?

NRW-FAIR vereint renommierte Physikerinnen und Physiker aus sieben Nordrhein-Westfälischen Institutionen, die sich der Forschung an der „Facility for Antiproton and Ion Research“ (FAIR) widmen. Dieses milliardenschwere Wissenschaftszentrum in Darmstadt zählt zu den größten Forschungsprojekten, die jemals in Europa realisiert wurden.

Der beeindruckende Beschleunigerkomplex ergänzt das weltbekannte CERN (frz. Conseil européen pour la recherche nucléaire), die Europäische Organisation für Kernforschung, und ermöglicht einzigartige Experimente mit Teilchenstrahlen von Atomen bis zu künstlich erzeugter Antimaterie. Die Strahlen zeichnen sich durch eine bisher nicht erreichte Intensität und Präzision aus, was bahnbrechende Einblicke in die Struktur der Materie und die fundamentalen Kräfte im Universum verspricht.

Unser Netzwerk trägt mit herausragender Expertise und großem Engagement zum zukünftigen Erfolg von FAIR bei. Durch die Qualität, die Größe und Diversität des NRW-FAIR-Netzwerks sichern wir hierbei eine starke Position Nordrhein-Westfalens (NRW). Unsere Principal Investigators (PIs) überzeugen mit einer beeindruckenden Bilanz: zahlreiche Publikationen, erfolgreiche Förderanträge und aktive internationale Kooperationen unterstreichen ihre exzellente Arbeit.

Gemeinsam gestalten wir die Zukunft der Grundlagenforschung – mit FAIR und für NRW.

FAIR – Das Universum im Labor erforschen

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In Darmstadt entsteht die weltweit einzigartige Teilchenbeschleunigeranlage FAIR. Die Facility for Antiproton and Ion Research (FAIR) wird eine der größten und komplexesten Beschleunigeranlagen weltweit, Herzstück ist ein Ringbeschleuniger mit 1100 Meter Umfang. Rund 3000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt können künftig an FAIR Spitzenforschung betreiben. In herausragenden Experimenten werden sie grundlegend neue Erkenntnisse über den Aufbau der Materie und die Entwicklung des Universums gewinnen.
© FAIR GSI

Was ist unsere Mission?

Die wissenschaftliche Herausforderung, der wir uns stellen, ist es, die Erzeugung von Materie, auch astrophysikalische wie Neutronensterne, aus fundamentalen Teilchen wie Quarks und Gluonen zu verstehen. Wir untersuchen dies mit Beschleunigern in der Vernichtung von Antimaterie mit Materie oder durch die Kollision zweier schwerer Elementkerne. Energie wird in Materie umgewandelt und diese in großen Detektoren untersucht. Dazu müssen wir neue Technologien und Methoden entwickeln.

Institutsübergreifende Arbeitspakete im Forschungsnetz sorgen für Synergien, indem sie Gruppen zusammenführen, die bisher noch nie mit einem gemeinsamen Ziel zusammengearbeitet haben. International und national sind wir sehr sichtbar und werden um die sich dadurch ergebenden Möglichkeiten beneidet. Workshops mit Gästen und unser Outreach-Programm für die breite Öffentlichkeit, welches auch das Interesse von zukünftigen Studierenden an der Physik wecken soll, sind uns eine Verpflichtung. Wir wollen Studierende ausbilden, die für Führungspositionen an der immer wichtiger werdenden Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Gesellschaft benötigt werden.

Antiprotonenerzeugung mit Vernichtung im Detektor

Protonen werden an FAIR in mehreren Beschleunigerringen auf hohe Energien gebracht, bevor sie auf einen Metallblock geschossen werden. Dabei entstehen in 1 aus einer Milliarde Kollisionen auch Antiprotonen (Antimaterie). Diese lassen sich durch Magnetfelder separieren und in einem weiteren Ring speichern. Sobald genügend gesammelt sind werden diese in den HESR-Beschleuniger transferiert, wo sie im PANDA Experiment mit kaltem Wasserstoffgas (Protonen) zu reiner Energie vernichtet werden. Aus dieser Energie entsteht gemäß Einsteins berühmter Formel E = mc2 wieder Materie. Hieraus ergeben sich neue Erkenntnisse über die Produktion von Materie wie sie sich im Universum abgespielt hat bzw. immer noch abspielt.
© Prof. Dr. Ulrich Wiedner

Wie und mit welchen Methoden erreichen wir unsere Ergebnisse?

Die Erweiterung des wissenschaftlichen und technologischen Grundlagenwissens soll zugleich der Industrie und der Gesellschaft zugutekommen. In der Entwicklung neuer Experimente nutzen wir diverse komplexe Beschleuniger und es entstehen hochpräzise Detektoren, deren Technologien beispielsweise als Materialscanner, in der medizinischen Diagnostik oder der Krebsbehandlung Anwendung finden können.

In der Datenanalysephase nutzen wir theoretische Modelle und fortschrittliche Monte-Carlo-Methoden, um KI-Software effizient zu trainieren. Ein entscheidender Vorteil unserer Experimente ist die gezielte Erzeugung großer, kontrollierter Datenmengen, die ein spezialisiertes Training von KI-Modellen ermöglichen. Solche KI-Methoden könnten später auch in anderen Bereichen wie medizinischer Diagnostik, Pandemievorhersagen oder Verkehrssteuerung eingesetzt werden.

Was hat die Gesellschaft davon?

Ein zentrales Anliegen für uns ist die Ausbildung von hochqualifizierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Wir bieten ihnen Zugang zu Spitzentechnologien und decken ein breites Spektrum innovativer Forschungsthemen ab:

Porträtaufnahme von Prof. Dr. Ulrich Wiedner
Prof. Dr. Ulrich Wiedner ist NRW-FAIR Sprecher und Professor für Hadronenphysik an der Ruhr-Universität Bochum
© Prof. Dr. Ulrich Wiedner
  • Nutzung von Beschleunigertechnologien
  • Niedertemperaturphysik
  • Hochintegrierte schnelle Elektronik
  • Entwicklung von Modellen auf der Grundlage von Theorien
  • Effizientes Hochleistungsrechnen bei den Analysen und Theorievorhersagen
  • Online-Computing, das Detektoren und Sensoren mit Daten verbindet
  • Analyse riesiger Datenmengen
  • Planung und Realisierung komplexester Systeme im Zusammenspiel
  • Zusammenarbeit in Teams und Durchsetzung in einem internationalen Umfeld

Studien am CERN zeigen, dass für jeden in unserer Forschung investierten Euro ein sekundärer Ertrag von 3 Euro entsteht, vor allem durch die Ausbildung zusätzlicher Humanressourcen und Investitionen der Industrie in Verbindung mit unserer Forschung. Dies ist ein Wissenstransfer, der sonst nicht stattfinden würde.

Und schließlich ist das Verständnis unserer Welt ein kultureller Wert an sich und die Sehnsucht des Menschen nach einem tieferen Verständnis schon seit Urzeiten eine Triebfeder für Entdeckungen.

Warum ist gerade dieses Netzwerk so wichtig für uns?

Mit dem gebündelten Wissen und der Kraft von sieben Forschungseinrichtungen wollen wir FAIR zu einem wissenschaftlichen Epizentrum mit internationaler Leuchtkraft entwickeln. Die Hadronen- und Kernphysik in Europa, zum Teil auch weltweit, wird ihre zukünftigen Anstrengungen auf die Flaggschiff-Anlage FAIR konzentrieren. NRW-FAIR wird der Implementierung und Nutzung der riesigen Detektoren und der Entwicklung von Theorien zum Verständnis der Natur einen zusätzlichen Schub verleihen. Die Integration der drei größten Experimente bei FAIR in ein Netzwerk sowie die Einbindung der Astrophysik bietet hierbei neue, wertvolle Ansätze. Aus der engeren Zusammenarbeit der Theoretiker untereinander und mit den Experimentalphysikern entspringen neue physikalische Ideen.

Durch die Etablierung des Netzwerks mit Nachhaltigkeitsperspektive eine Triple-Win-Situation: Die Universitäten profitieren von Exzellenzwissenschaft und gesteigerter Attraktivität, NRW profitiert von exzellenten Universitäten und internationaler Sichtbarkeit und die Bundesrepublik vertreten durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), und nicht zuletzt FAIR profitieren von einer langjährigen Beteiligung starker Universitäten an diesem Weltklasse-Forschungszentrum. Weiterhin könnte die Existenz eines solchen attraktiven Netzwerks Top-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dazu bewegen, sich in NRW anzusiedeln.

Kontakt zum Projekt

Prof. Dr. Ulrich Wiedner
NRW-FAIR Sprecher und Professor für Hadronenphysik an der Ruhr-Universität Bochum
ulrich.wiedner@rub.de